Gustav Gerhardy an seine Eltern
Trier, den 22. Feb. 83
Trier, den 22. Februar 83.
Liebe Eltern
Soeben komme ich vom Parademarsch.
über auf dem Palastplatz, der in
Folge des anhaltenden Regens grundlos
und gestern durch ungefähr 700 Pferde
beim Pferdemarkt vollständig zerträmpelt
und verunreinigt ist. Ich habe Stoll soeben
gesetzt, daß er sich bei der Stadt beschwe¬
ren soll, daß diese unseren Platz wieder
säubert und nicht wieder die Soldaten
anderer Leute Dreck wegzumachen brau-
chen. Gestern in der Vorinstruction vor
Stoll gut abgeschnitten, also hoffentlich auch
demnächst beim Oberst. Ich bin mit meinen
Rekruten im Ganzen jetzt zufrieden. Gott
sei dank, daß mir dies Geschäft hoffentlich
nur noch einmal blüht, manchmal haben die
Die Dummen auch Glück.? — Ich brauche
jetzt für meinen Hals und Brust und
Rücken Franzbranntwein mit Salz nachdem
mir von verschiedenen Seiten dies Mittel
als vortrefflich gepriesen ist. Ich bin auf
den Erfolg sehr begierig, denn bis jetzt,
nach achtägigem Gebrauch, noch keine
Aenderung aber mein Leiden ist ja auch
schon so alt und hartnäckig, bei mir
kann nur noch, neben Schonung der Stimme
eine lange durchgreifende Kur in
Frühjahr helfen. Hoffentlich treffen
diese meine Zeilen Euch und namentlich
Vater auf dem zunehmenden Wege der
Besserung. Ich wäre für eine diesbezüg-
liche Postkarte sehr dankbar. Am Sonntag
Abend war ich bei v. Putkamer zu einem
großen Sänger und zwar als Akteur in
der sich daranschließenden Abendunter-
haltung. Ich füge den höchst komischen
Theaterzettel mit Angabe meiner Rollen
bei, Wiedersehn macht Freude. Dies
war das erste Mal, daß derartige Auf¬
führungen in Gesellschaftskreisen stattfanden
Es mag sich vielleicht mancher von den höheren
Vorgesetzten geärgert haben, daß v. Putkamer
in gesellschaftlicher Beziehung die Krone
der Parhon verdient. Hoffentlich machen es
im nächsten Jahre Welche nach, das war
ja auch der Zweck. Die Proben waren
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