Daniels Tagebuch

Alle lieben diesen Ort

Olivia Trummer, Seamus Blake und Alessandro Lanzoni glänzen im Leoninum
  • 18.05.2025 19:00:00

  • Leonium, Bonn, Deutschland

  • sonnig 26°C

  • #TB,

Alessandro Lanzoni im Leonium

Die schöne Kapelle des Collegium Leoninum entpuppt sich als einer der Lieblingsorte des 16. Jazzfests Bonn. Wo man auch hinhört, vernimmt man Begeisterung. Etwa beim Publikum, das diese intime Location mit ihrer attraktiven Akustik und dem besonderen Flair schätzt: das hohe, in Apricot gehaltene neogotische Rippengewölbe, dazu der scheinbar atmende, in Grüntönen changierende „Farbraumkörper“ des Düsseldorfer Malers Gotthard Graubner – den mancher im Publikum für ein besonders gelungenes Akustikpanel hält. Auch die Künstler lieben diesen Ort, genießen die Nähe zum Publikum und den Klang des in jeder Hinsicht spektakulären Mega-Flügels Fazioli 308 – dem größten Instrument der italienischen Manufaktur.

Der Sonntag war erneut ein besonderer Leoninum-Abend, voller Lob und bewundernder Worte über den Fazioli, über dessen Tasten Olivia Trummer ihre Finger fliegen ließ und dessen Klangwucht der Florentiner Alessandro Lanzoni auskostete. Trummer, regelmäßig Gast in Bonn und beim Jazzfest, die in dieser Stadt fast alle Karriereschritte und Werkphasen präsentiert hat, kam diesmal mit einer schönen Idee: Exklusiv wollte die 39-Jährige ihr im Juni erscheinendes neues Album „Like Water“ vorstellen, die Musik live präsentieren und die Alben direkt anbieten. Das gelang nur bedingt: Musikalisch klappte alles vorzüglich, doch die physischen Tonträger waren nicht verfügbar.

Mit „Like Water“ schlägt Trummer einen großen Bogen, zeigt sich als herausragende Pianistin, die in Klassik und Jazz gleichermaßen zu Hause ist, ebenso als wandlungsfähige Sängerin, originelle Komponistin und fantasievolle Interpretin von Stücken aller Couleur – von Ludwig van Beethoven bis Leonard Bernstein, von Stevie Wonder bis zu den Jazz-Standard-Königen Jerome Kern und John H. Mercer.

Mit dem Stevie-Wonder-Hit „You Are the Sunshine of My Life“ eröffnete Trummer locker und leichtfüßig den Abend. Der sanfte Fluss der Melodie traf auf den mehr gehauchten als gesungenen Songtext – und dann ließ Trummer den Flügel singen, ihre Stimme wurde zum Instrument. Betörend schön gerieten „Fragile“ von Sting und das titelgebende Stück des neuen Albums, „Like Water“. „Wie die Zeit vergeht“, ebenfalls neu, traf auf den wunderbaren Standard „I’m Old Fashioned“, der bereits so unterschiedliche Musiker wie Ella Fitzgerald, Chet Baker und John Coltrane inspiriert hat. „Watching The Moon“ schließlich verband beide musikalischen Welten Trummers – mit schwerelosem Anschlag stimmte sie Beethovens „Mondscheinsonate“ an, um dann ihre eigene fulminante Version dagegenzusetzen. Großes Kino in der Kapelle.

Die Kunst des Duos: Seamus

Blake trifft Alessandro Lanzoni

Einen ganz anderen Zugang zum Fazioli 308 wählte der Florentiner Jazzpianist Lanzoni. Während Trummer die feinen Valeurs aus dem 308 Zentimeter langen Instrument kitzelte, entlockte Lanzoni ihm klangliche Power und ungeheure Dynamik. Zusammen mit dem in Köln lebenden kanadischen Saxofonisten Seamus Blake demonstrierte er die unendlichen Möglichkeiten, die ein solches Duo eröffnet. Mal wechselten sich beide in den Rollen von Melodieführer und Begleiter ab, mal starteten sie gleichzeitig mit ihren Improvisationen. Faszinierend, wie impulsiv und sensibel sie aufeinander reagierten – und wie unterschiedlich die musikalischen Antworten klangen.

Blake ist ein ausgezeichneter Stilist und unfassbar variantenreicher Improvisateur, und Lanzoni steht ihm in nichts nach. Mitgebracht hatten sie Stücke aus dem herausragenden Album „From Angels“, das 2022 in der Toskana aufgenommen wurde und 2024 erschien. Es offenbart ihre Liebe zu Latin-Rhythmen und insbesondere zur brasilianischen Musik, spiegelt aber auch Blakes Verbindung zu Barcelona wider. Ein Hochgenuss. Mit „Dance Me Home“ von John Scofield – dessen Bandchef Blake seit vielen Jahren ist – verabschiedete sich das Duo und schickte das beglückte Publikum in die Nacht. Ein Tänzchen für den Nachhauseweg.

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