Dirigent Frank Strobel und das Beethoven Orchester begleiten im Telekom Forum Charlie Chaplins „Moderne Zeiten“
Für mich sehr emotional, ich habe den Film das erste mal ca. 1974 im ZDF gesehen, letztlich haben Monika & ich unser erstes gemeinsames Objekt, einen VHS Videorecorder zu der Zeit angeschafft um diese Filme aufzuzeichnen. Dann im Woki auf großer Leinwnd gesehen und alles zu Chaplin verschlungen. Ich würde sagen meine Erweckung zu einem kulturinteressierten Menschen hat er ausgelöst. Heute bewegt mich der Film noch mehr, mit der Kenntnis wie die Dinge letztlich immer so bleiben und so ein Film immer noch so aktuell ist.
In Bonn weiß man – nicht zuletzt dank des sommerlichen Stummfilmfestivals im Innenhof der Bonner Uni –, dass historische Filme auf großer Leinwand von Livemusik begleitet eine ganz andere Wirkung entfalten, als wenn man sie vom heimischen Sofa über einen Streaminganbieter auf dem Fernseher anschaut. Die Musik ist da ein höchst effizienter Katalysator – auch bei einem echten Klassiker wie Charlie Chaplins „Moderne Zeiten“.
Bei der Aufführung des Films, der am Samstagabend in der vom Bonner Beethoven Orchester veranstalteten Reihe „Grenzenlos“ im ausverkauften Telekom Forum gezeigt wurde, wirkte im Zusammenspiel der Schwarz-Weiß-Bilder jede komische Szene im Film noch komischer, jede Pointe noch pointierter und jeder Anflug von Melancholie noch trauriger. Wie sehr die Menschen durch die Musik in den Film hineingezogen wurden, hörte man an ihren Reaktionen, an ihrem spontanen Lachen oder an dem sonst im Kino eher unüblichen Szenenapplaus.
Der 1936 in die Kinos gekommene Streifen „Modern Times“, wie er im Original heißt, ist eigentlich kein echter Stummfilm mehr, sondern als Hybrid eine Hommage an das Genre. Genial daran ist, dass Chaplin mithilfe des eigentlich durch die Etablierung des Tonfilms überholten Genres eine brillante Satire auf den technologischen Fortschritt auf die Leinwand bringt – mit all seinen negativen Folgen für die Menschen von der inhumanen Arbeit am Fließband bis zum Phänomen der Massenarbeitslosigkeit und Armut. Ikonisch geworden ist etwa das Bild, wenn Chaplins Tramp mit Schraubenschlüsseln in den Händen in das Zahnräderwerk der Fabrikmaschine gerät.
Die von Charles Chaplin selbst komponierte Musik, die für heutige Live-Aufführungen von Timothy Brock arrangiert wurde, stellt in der Fabrikszene mit ihrem maschinenhaften Rhythmus die Unerbittlichkeit des Räderwerks wirkungsvoll heraus. Filmmusikspezialist Frank Strobel am Pult sorgte nicht nur für perfekte Synchronität von Bild und Ton, sondern mit dem blendend aufgelegten, groß besetzten Beethoven Orchester für ein äußerst lebendiges Klangbild. Kurz vor Ende des Films aber schwiegen die Instrumente für ein paar Minuten: Wenn nämlich Chaplin in seinem letzten großen Auftritt als Tramp ein Lied singt – zu dem er ironischerweise seinen Text vergisst und sich mit italienisch-französisch anmutenden Fantasiesilben über den Auftritt hinwegrettet.
Nach anderthalb Stunden, die der Film dauert, feierte ein begeistertes Publikum Film und Musik mit lange nicht enden wollendem Beifall.